Die bundeseigene BVVG hat noch rund 90.000 ha LN, also ehemals volkseigene Flächen, im Bestand. Jetzt hat sich Bundesregierung mit den Ost-Ländern auf die Grundsätze 2024 geeinigt. Im laufenden Pachtjahr enden für rund 25.000 Hektar die Pachtverträge mit der BVVG. Weiterhin soll im Prinzip nur verpachtet werden, allerdings wurde die Bevorzugung ökologischer Betriebe etwas reduziert. Den Verkauf stellt die BVVG weitgehend Ende 2024 ein. Bis dahin darf sie - wie in den beiden Vorjahren - maximal 2.000 Hektar veräußern. Über die Verpachtungsbedingungen wird, wie bei manchen Landgesellschaften auch, struktureller Einfluß ausgeübt. Zwar gibt es keine verbindliche politische Zieldefinition der Landwirtschaft (daran kranken übrigens die länderspezifischen Novellierungen der Grundstücksverkehrsgesetze auch), obwohl in diversen Schriftstücken die Pluralität der Bewirtschaftungsformen erwähnt wird. Mit der bisherigen Verpachtungsregelung wird Einfluß auf eine nur ministerielle gewollte Form der Landwirtschaft genommen. Ob dies verfassungskonform ist, bedürfte einer höchstrichterlichen Überprüfung. Ein solche Verfahren wäre besonders brisant, weil damit auch die Verpachtung der landesspezifischen Landgesellschaften betroffen wäre.
Und bist du nicht willig (mehr Öko-Landwirtschaft zu betreiben), so brauch ich Gewalt (in Form der bevorzugten Verpachtung durch die BVVG) - dachten grün orientierte Politiker.
Staatssekretärin Ophelia Nick nennt das einen „umfassenden Systemwechsel“. Wenn man sich ins Gedächtnis ruft, daß sie u. A. verpachtende Eigentümerin eines Bio-Landwirtschaftsbetriebs ist, dann weiß man, woher der Wind weht.
Formal werden traditionell wirtschaftende Betriebe nicht ausgeschlossen, wenn sie Nachhaltigkeitskriterien erfüllen wie Biodiversität, Fruchtfolgevielfalt, Blüh- und Ackerrandstreifen, Maßnahmen zum Klimaschutz wie Wiedervernässung von Mooren sowie überhaupt die Verbesserung des Tierwohls.
Der BGH hat in zwei Entscheidungen (V ZR 147/19 und V ZR 248/19) entschieden, daß die Privatisierungsgrundsätze der BVVG (PG 2010) interne Verwaltungsanweisungen sind und nicht schon durch ihre Veröffentlichung, sondern nur durch eine entsprechende ständige Praxis i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und nur in deren Rahmen gegenüber Erwerbern Außenwirkung entfaltet. Deshalb kann die BVVG gegenüber einem Erwerber nur bei einer entsprechenden Praxis verpflichtet sein, auf dessen Verlangen ein Verkehrswertgutachten für die anzukaufenden Flächen einzuholen und ihm die Flächen zu dem in dem eingeholten Gutachten ermittelten Wert zu verkaufen. Fazit: Wer meint, einen überhöhten Kaufpreis gezahlt zu haben, weil es eine Differenz über die Kaufpreisvorstellungen gab und ein Gutachten nach den PG 2010 nicht eingeholt wurde, hat es nun keine großen Chancen mehr. Es sei denn, er kann nachweisen, daß es ständige Praxis war, in solchen Fällen ein Kaufpreisgutachten einzuholen.
In den meisten Pachtverträgen der BVVG ist bestimmt, daß der Pachtzins im gleichen Maß steigen soll wie der regionale Pachtzins.
Beispiel: Der ortübliche Pachtzins beträgt 250 € /ha. Bei Ausschreibungen der BVVG bietet der Landwirt L einen Pachtzins von 400 € / ha, da er diese Flächen dringend benötigt. Innerhalb von zwei Jahren steigt der regionale Pachtzins dank BVVG auf 400 €/ha, das ist ein Plus von 60 % Unter Bezug auf die Pachtanpassungsklausel nach § 4 Satz 3 des Vertrags fordert die BVVG von L eine Anhebung des Pachtzinses um 60 % auf jetzt 640 €/ha.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat mit Urteil v. 16.08.2018, AZ: 5 U 104/17 Lw diese Klausel gekippt, da sie den Vertragspartner entgegen des Gebotes von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Die unangemessene Benachteiligung …. ergibt sich hier aus einer erheblichen Abweichung von der gesetzlichen Regelung über Preisanpassung.
Denn es soll bei der … Klausel nur der Vergleich mit der Entwicklung der regionalen Pachtpreises und Verhältnisse vergleichbarer Objekte für die Abänderung des Pachtzinses maßgeblich sein.
Zusätzlich ist die Anpassungsklausel auf Grund ihrer Unbestimmtheit unwirksam ….. da offen bleibt, wie das Pachtpreisniveau „in der Region“ zu bestimmen ist. In diesem Zusammenhang wird der Begriff aus dem Transparaenzgebot abgeleitete Bestimmungsgebot verwendet.
Mit Urteil vom 14. September 2018 – V ZR 12/17 hat der V. Zivilsenat des BGH entschieden, dass bei einem verbilligten Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz durch die BVVG eine Regelung in dem Kaufvertrag unwirksam ist, wonach die BVVG von dem Erwerber solche Zahlungen abschöpfen kann, die er von dem Betreiber von Windkraftanlagen für die Gestattung von Windkrafträdern auf den landwirtschaftlichen Flächen erhält. Auch ein Rückkaufrecht nach § 12 Abs. 4 FlerwV besteht nicht, so lange nicht die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung dieser Flächen oder wesentlicher Teile davon aufgegeben wird.
Achtung:
Der BGH hat anders entschieden.
Siehe BGH in Sachen Kaufpreisermittlung der BVVG: Zum Nachteil der Käufer
Rückforderung bei Pächterkauf möglich
Pächter der BVVG, die nach den Priviatiserungsgrundsätzen 2010 (PG 2010) Flächen von der BVVG erworben hatten, ohne daß sie dabei den Kaufpreis verhandeln, einen Vorbehalt der Kaufpreisüberprüfung in den Vertrag aufnehmen oder ein Gutachten über den Verkehrswert der Flächen einholen konnten, haben möglicher Weise überhöhte, über dem Marktwert liegende Preise bezahlen müssen und könnten bald Rückforderungen geltend machen.
In einem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom April 2018 führt das Landgericht Berlin u.a. aus:
„Beklagte ( die BVVG hat) den Kaufpreis für die zu privatisierenden Flächen nicht unter Berücksichtigung des höchst möglich zu erzielenden Preises festzusetzen, sondern ist, wie aus Ziff. 2.2.3, vorletzter Absatz der Privatisierungsgrundsätze iV.m. § 5 Abs. 1, S. 1 FIErwV folgt, verpflichtet, als Kaufpreis den Verkehrswert der Flächen zu ermitteln und zu vereinbaren.“
Überzeugend ist die Argumentation, warum die BVVG nicht den höchsten erzielbaren Preis fordern kann:
Die BVVG „führt damit in der Form einer privatrechtlichen Firma im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland eine öffentliche Aufgabe durch und kann in diesem Rahmen nicht die für zivilrechtliehe Verträge in weitem Umfang geltende Privatautonomie für sich in Anspruch nehmen. Vielmehr wird die Beklagte als Teil der Exekutive tätig und ist in diesem Rahmen einer öffentlichen Behörde gleichgestellt. Die Beklagte hat demgemäß unter Berücksichtigung der für ihr Handeln erlassenen Verwaltungsvorschriften und unter Berücksichtigung der Grundrechte, vorliegend insbesondere Art. 3 GG die ihr obliegenden Privatisierungen durchzuführen.“
und
„Aus diesen Erwägungen folgt unter Einbeziehung des Art 3 GG zugleich das entsprechende Verbot der Vereinbarung eines willkürlich über dem Verkehrswert liegenden Kaufpreises und somit ein die Beklagte betreffendes gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB“
Immerhin kommt man der BVVG bei der Wertermittlung durch Sachverständige entgegen:
„Schon im Rahmen von Wertermittlungen durch Sachverständige sind Unterschiede des begutachteten Verkehrswertes bis zu 20 % nicht unüblich …, so daß auch der Beklagten ein entsprechender Rahmen im Wege der Verkehrswertbestimmung zugestanden werden muß, ohne daß ihrem Angebot eine willkürliche Preisfestsetzung vorgeworfen werden kann.“
Auch wenn das Urteil letztinstanzlich Bestand haben sollte, wird jeder Käufer sein Recht auf Kaufpreisrückforderung gesondert durchsetzen müssen.
Mitglieder eines Unternehmensverbunds können nicht mehr – wie bisher gelegentlich – die 450-ha-Obergrenze
überschreiten
Auf die in Pkt. 2.2.3 a) der PG 2010 genannte Obergrenze von 450 ha sind bei Anträgen, die nach dem 31. Dezember 2017 gestellt werden, neben den vom Pächter erworbenen auch Flächen anzurechnen, die von den nachstehend aufgeführten Dritten nach den PG 2010 oder zu EALG-Bedingungen (nicht im Rahmen von Ausschreibungen) von der BVVG erworben wurden:
1. Unternehmen, an denen der Pächter unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 % beteiligt ist,
2. Anteilseigner, die unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 % am Pächter beteiligt sind
3. Unternehmen, an denen Anteilseigner, die unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 % am Pächter beteiligt sind, wiederum unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 % beteiligt sind.
Für Sachsen-Anhalt gilt anstelle der 450 ha Obergrenze auch weiterhin die Obergrenze von jeweils 100 ha.
Quelle: Protokollnotiz Nr. 5, 12/2017
Der EuGH setzte mit Urteil vom 16.07.2015 der Ausschreibungspraxis der BVVG, die oft zu drastisch hohen Preisen führt, Schranken.
Die Richter führten aus, daß die Verweigerung eines Grundstückskaufvertrages wegen Preismißbrauchs (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG) bei einer Ausschreibung der BVVG durch die Genehmigungsbehörde nicht generell als staatliche Beihilfe einzustufen ist.
Dies gilt insbesondere dann, wenn das Höchstgebot für eine landwirtschaftliche Fläche spekulative Elemente enthält. Damit bleibt auch bei öffentlichen Bodenverkäufen die Versagungsmöglichkeit wegen Preismißbrauchs erhalten, das könnte sogar zur Dämpfung des Preisanstieges bei landwirtschaftlichen Flächen führen.
Das vollständige Urteil lesen Sie, wenn Sie hier klicken
BGH ändert seine Rechtsprechung auf Grund des Urteils des EuGH vom 16.07.2015 mit Beschluß v. 29.04.2916, BLw 2/12
Bisher galt:
Der Wert des Grundstücks im Sinne § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG ist nach dem Preis zu bestimmen, der bei dem Verkauf von einem Landwirt an einen anderen erzielt wird
Jetzt heißt es im Leitsatz des Beschlusses v. 29.04.16:
Unter dem Wert des Grundstücks im Sinne des § 9 Abs.1 Nr. 3 GrdstVG ist nicht mehr dessen innerlandwirtschaftlicher Verkehrswert, sondern dessen Marktwert zu verstehen. Dieser Wert bestimmt sich nach dem Preis, den Kaufinteressenten - auch Nichtlandwirte - für das Grundstück zu zahlen bereit sind.
Eine Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung nach einer Ausschreibung der BVVG ist also nur noch dann möglich, wenn das Höchstgebot nicht den Marktwert widerspiegelt, sondern spekulativ überhöht ist. Maßgebendes Kriterium sind in erster Linie die im jeweiligen Verfahren abgegebenen Gebote von Landwirten und Nichtlandwirten.
In vielen Kaufverträgen der BVVG ist eine sogenannte Windkraftklausel enthalten.
In dem vor dem Landgericht Berlin verhandelten Fall, war so wie in anderen Kaufverträgen auch vereinbart, daß, wenn 15 Jahre nach Vertragsabschluß Flächen als Windkraftstandort genutzt werden, eine vorherige Zustimmung der BVVG erforderlich ist und eine Entschädigung an die BVVG zu zahlen ist. Die Entschädigung soll 75 % des auf die Gesamtnutzungsdauer der Anlage kapitalisierten Entschädigungsbetrages betragen. Die Entschädigung ist bereits 1 Monat nach Abschluß des entsprechenden Nutzungsvertrags fällig..
Das Landgericht hat mit seinem Urteil v. 24. 02. 2015 - 19 O 207/14 – der Klage Käufers stattgegeben mit der Begründung, die kaufvertraglichen Regelungen seien Allgemeine Geschäftsbedingungen (könnte aber strittig sein) und seien eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 BGB. Durch die im Kaufvertrag festgelegte Art der Bemessung der Entschädigungsleistung bestehe eine unangemessene, möglicherweise sogar in den Ruin treibende Benachteiligung. Der Grundstückseigentümer erhält von Windkraftanlagenbetreiber eine Beteiligung an den Einspeiseerlösen nur in jährlichen Teilzahlungen über einen Zeitraum von 20 oder 30 Jahren, die BVVG fordert dagegen den Erlös sofort, wenn auch abgezinst.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig; das Berufungsverfahren wird beim Kammergericht zum Aktenzeichen 28 U 7/15 geführt.
Interessant ist die umfassende Darstellung der Prozeßbevollmächtigten des Klägers unter http://www.are-org.de/are/files/Die%20BVVG%20und%20die%20Windenergie.pdf
Für Erwerber, die bereits Entschädigungszahlungen geleistet haben, ist die Entscheidung von Bedeutung Wenn das Urteil Bestand hat, die Rückforderung der Zahlungen möglich. weil die Zahlungen ohne Rechtsgrund erfolgten (§ 812 BGB). Wenn sich der Erwerber mit der BVVG vertraglich auf eine Entschädigungssumme geeinigt habt, kann der Wegfall der Geschäftsgrundlage vorliegen weil beide Seiten ein unzutreffendes Verständnis von den rechtlichen Grundlagen gehabt haben und deshalb eine Anpassung der geschlossenen Verträge verlangt werden kann (§ 313 BGB).
Der BGH hat im Urteil v. 12.12.2014 (V ZR 109/14) entschieden, daß Kaufpreisanpassungsansprüche bei EALG Kaufverträgen, bei denen die BVVG von den gesetzlich vorgeschriebenen Wertermittlungsgrundsätzen abgewichen ist, erst nach zehn Jahren und nicht nach drei Jahren verjähren. Ansprüche für alle Kaufverträge, bei denen die BVVG die Preise selbst und womöglich fehlerhaft ermittelt hat, sind also wohl noch nicht verjährt. Dies gilt sicher für alle Kaufverträge, die eine sogenannte Anpassungsklausel beinhalten.
„Der vertragliche Anspruch des Käufers auf Rückzahlung des über den Wertansatz
nach § 3 Abs. 7 Satz 1 AusglLeistG hinausgehenden Teils des vereinbarten Kaupreises verjährt nach § 196 BGB in einer Frist von zehn Jahren“
Vom Kammergericht Berlin wurde übrigens kürzlich entschieden, daß Käufer, die die Klausel der „Einvernehmlichkeit“ zähneknirschend unterschrieben hatten, ebenfalls eine Kaufpreisanpassungsbegehren stellen können
Ein Grundstück der BVVG wurde im Wege der Ausschreibung verkauft. Das zuständige Amt verweigerte die Genehmigung mit der Begründung, der verweigerte Kaufpreis stehe in einem groben Missverhältnis zu dem Wert des verkauften Grundstücks.
Der BGH hatte ebenfalls Zweifel und stellte folgenden Antrag beim EuGH
Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs (Deutschland) eingereicht am 27. Januar 2014 - Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) u.a.(Rechtssache C-39/14)
"Steht Art. 107 Abs. 1 AEUV einer nationalen Regelung wie § 9 Abs. 1 Nr. 3 Grundstücksverkehrsgesetz entgegen, welche es zur Verbesserung der Agrarstruktur einer dem Staat zuzurechnenden Einrichtung wie der BVVG im Ergebnis verbietet, ein zum Verkauf stehendes landwirtschaftliches Grundstück an den Höchstbietenden einer öffentlichen Ausschreibung zu verkaufen, wenn das Höchstgebot in einem groben Missverhältnis zu dem Wert des Grundstücks steht?"
Der EuGH entschied am 16.07.2015:
"Art. 107 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die es zum Schutz der Interessen der landwirtschaftlichen Betriebe einer dem Staat zuzurechnenden Einrichtung verbietet, ein landwirtschaftliches Grundstück an den Höchstbietenden einer öffentlichen Ausschreibung zu verkaufen, wenn dessen Angebot nach Ansicht der zuständigen örtlichen Behörde in einem groben Missverhältnis zu dem geschätzten Wert des Grundstücks steht, nicht als staatliche Beihilfe qualifiziert werden kann, sofern die Anwendung dieser Regelung zu einem Preis führen kann, der möglichst nahe beim Marktwert des betroffenen landwirtschaftlichen Grundstücks liegt; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts."
Das zuständige OLG Naumburg entschied am 16.01.2019 (2Ww 12/10) erneut gegen die BVVG und bestätigte die Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung.
Kaufpreisermittlung der BVVG bei Direkterwerb
Die BVVG wird weiterhin den Marktwert der Flächen auf der Grundlage ihres Vergleichspreissystems ermitteln. Sachverständigengutachten zur Überprüfung des von der BVVG angebotenen Kaufpreises werden von der BVVG nicht mehr in Auftrag gegeben. Allerdings steht es den Käufern frei, ein Gutachten auf eigene Kosten zu beauftragen. Die BVVG will "wie bisher" nachvollziehbare Einwendungen der Direkterwerbsberechtigten berücksichtigen.
Einwendungen können insbesondere aus wertmindernden Bewirtschaftsungserschwernissen resultieren. Am Besten ist es, man beauftragt einen öffentlich bestellten und vereidigten landwirtschaftlichen Sachverständigen mit einem Gutachten.
Hierzu aus der Pressemitteilung Nr. 123 vom 26.04.13 „Protokollnotizen zu den BVVG-Privatisierungsgrundsätzen“ „Die BVVG wird den Marktwert der Flächen im Rahmen des Direkterwerbs weiterhin auf der Grundlage ihres Vergleichspreissystems ermitteln. Sachverständigengutachten zur Überprüfung des von der BVVG angebotenen Kaufpreises werden von der BVVG nicht mehr in Auftrag gegeben. Es steht den Käufern aber frei, ein Gutachten auf eigene Kosten zu beauftragen. Die BVVG wird wie bisher nachvollziehbare Einwendungen der Direkterwerbsberechtigten berücksichtigen.“
Halbierung der Losgröße bei Ausschreibungen
Nachdem die BVVG-Preis weiterhin expoldieren, tut man nichts gegen den Preisanstieg (der Finanzminister hat ja andere Interessen). Es ist Augenwischerei, wenn die maximale Losgröße von 50 ha uaf 25 ha reduziert werden. Die scheinheilige Begründung: Damit soll der Erwerb der Flächen erleichtert werden. Aber das ändert nichts an Preishöhe, dürfte eher preistreibend wirken. Insbesondere, wenn weiterhin Nichtlandwirte oder Nichtortsansässige den Zuschlag erhalten.
Die BVVG sieht sich durch die Notifizierung der EU im Recht
Weiterer Streit ist vorprogrammiert
Die Notifizierung des BVVG-Vergleichspreissystems (VPS) durch die Europäische Kommission wurde im Dezember 2012 abgeschlossen. Die BVVG sieht damit ihre Methodik zur Ermittlung der Marktwerte beim Verkauf von Acker- und Grünland bestätigt. In den Bund-Länder-Gesprächen sei lediglich eine Feinjustierung zu erwarten. Dazu führte die Kommission aus
• Die Anwendung des VPS spiegelt den Marktwert der verkauften Flächen wieder
• Dem Erwerber der Flächen wird kein Vorteil gewährt
• Die Veräußerungen stellen keine staatliche Beihilfeim Sinne von Artikel 107 Abs. 1 AEUV dar. Den gesamten Kommissionstext finden Sie hier.
Es bestehen weiterhin erhebliche Zweifel
• Kann das Notifizierungsverfahren das Urteil des BGH aushebeln?
• Ausgehbelt werden kann das Urteil des BGH nur dann, wenn der EuGH in gleicher Sache anders als der BGH entscheiden würde.
• Es geht nur bedingt um den Marktpreis sondern es geht um die Verhinderung zu niedriger Preise die eine unerlaubte Subvention darstellen würden. Im Notifierungsverfahren wurde festgestellt, daß bei Anwendung des VPS „prima facie ausgeschlossen werden kann, daß solche Veräußerungen eine staatliche Beihilfe … umfassen.“ Der mit dem VPS ermittelte Preis stellt – so im Gutachten von Prof. König v.03.11.2011 – hier clicken - mindestens den Marktpreis dar. Damit wird nicht ausgeschlossen, daß der vermeintliche Marktpreis in Relation zu einem anderweitig ermittelten Preis überhöht ist, also ein überhöhter Marktpreis ist. Im Fall Seydaland Vereinigte Agrarbetriebe (C-239/09) hatte der EuGH ausgeführt, daß auch andere Methoden der Preisfindung angewandt werden können, sofern gewährleistet ist, daß der gezahlte Preis so weit wie möglich den Marktpreis dieser Fläche widerspiegelt.
• Es ist unklar, ob die Kommission begriffen hat, daß die Vergleichswerte ausschließlich auf Werten der BVVG basieren, Verkäufe fremder Drtitter also nicht berücksichtigt werden.
Hier liegt ein Ansatz, das VPS der BVVG durch Einbeziehung anderer Verkäufe ohne die BVVG zu beeinflussen.
Es bleibt abzuwarten, ob der Streit um die Bodenpreise der BVVG weitergeht. Denn Tatsache ist: Die Preise der BVVG liegen in der Regel erheblich über denen anderer Verkäufe. Das ist so ähnlich, also würde ein Vermieter eines Hochhauses bei Neuvermietungen die Miete ständig erhöhen und diese wieder als Vergleichsmiete für Mieterhöhungen bei Bestandsmieten nutzen.
Hier die juristische Vorgeschichte:
Die BVVG informierte die Presse darüber, daß im Jahr 2010 die Preise für p0
rivatisierte - das heißt ausgeschriebene und nach Schätzwert verkaufte - Flächen um 26 % und im ersten Halbjahr 2011 um durchschnittlich 21 % gestiegen seien. Den Finanzminister mag es freuen, die kaufenden Landwirtschaftsbetriebe nicht. Schon lange sagen Berater: Wer einen Betrieb nur mit Kauf- und Pachtflächenpreisen aus Ausschreibungen der BVVG wirtschaftlich führen will, ist pleite. BVVG-Preise kann man sich nur in einer Mischkalkulation (zu Lasten der „vernünftigen“ Verkäufer oder Verpächter) leisten. Scharfe Zungen nennen das Ausbeutung durch den Staat. Bei der Bewertung der Verkäufe stützte sich die BVVG bisher auf ein Gutachten von Professor Manfred Köhne, in Auftrag gegeben von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Köhne ist zwar Altmeister der Taxationslehre, aber kein Jurist und erst recht kein Europarechtler. Der Preistreiberei hat der BGH jetzt einen Riegel vorgeschoben, indem es eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin bestätigte und eine Beschwerde der BVVG gegen die Nichtzulassung der Revision gegen ein Urteil des Kammergerichts Berlin zurückwies. Im Beschluß stellt der BGH unmissverständlich klar, dass der Verkehrswert landwirtschaftlicher Nutzflächen bei BVVG-Verkäufen nicht anders zu ermitteln ist als bei Verkäufen Privater. Und: Es gibt entgegen der Behauptung der BVVG keinen Unterschied zwischen der Ermittlung des Verkehrswertes nach deutschem und nach Europarecht. Das Kammergericht hatte entschieden, daß der Verkehrswert einer landwirtschaftlichen Fläche durch das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erfolgen kann, indem der Wert durch den Verkauf eines Grundstücks eines Landwirts an einen anderen Landwirt ermittelt wird. Und: Das ist besonders wichtig! Der Grundstückswert wird nicht, wie bisher praktiziert, aus den Ausschreibungen der BVVG ermittelt. Fazit: Der Preistreiber repräsentiert nicht den tatsächlichen Markt.
Im konkreten Fall hat die BVVG 36 % des Kaufpreises zurückzuzahlen.
Das Urteil des KG Berlin 22 finden Sie hier: www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/
Typisch für die Haltung der BVVG ist die folgende Mitteilung vom 18.02.2011 aus Sachsen-Anhalt: „Magdeburg (dapd-lsa). Die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) will ihre Erlöse in Sachsen-Anhalt um rund ein Drittel steigern. Für 2011 seien Einnahmen von 108 Millionen Euro geplant, sagte am Freitag der Leiter der BVVG-Niederlassung in Magdeburg, Hans-Egbert von Arnim. 77 Millionen Euro sollten durch den Verkauf von Flächen erzielt werden, 20 Millionen Euro durch die Verpachtung von Flächen und 11 Millionen Euro durch Einnahmen aus Nachbewertungen und Gestattungen.“
Achtung: Verjährung droht
Es ist nicht zu erwarten, daß die BVVG freiwillig Kaufpreisteile zurückzahlen wird – anwaltliche Hilfe ist deswegen dringend notwendig. Für die gerichtliche Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen aus Kaufverträgen, die im Jahre 2008 geschlossen wurden, könnte Eile geboten sein, denn diese Ansprüche könnten Ende 2011 verjähren. Die Verjährung wird durch Einreichung der Klage unterbrochen.
Aber die BVVG gibt nicht auf
Sie hat die Bundesregerung motiviert, bei der EU-Kommission ein so genanntes Pränotifizierungsverfahren zur Wertermittlung zu beantragen. Damit hält sich die BVVG für klüger als der BGH, dessen Entscheidung sie nicht akzeptieren will. Wer hat denn da den größeren juristischen Sachverstand?
Nötigung der Kaufinteressenten?
Bis zu einer eventuellen Klärung durch die EU will die BVVG keine Kaufverträge zu einem „vorläufigen Kaufpreis“ abschließen und auch keine Anpassungsklauseln vereinbaren. Werden nach Klärung der Rechtslage in Zukunft auch wieder Gutachten der Kaufpreisbestimmung zugrunde gelegt, so werden die zu diesem Zeitpunkt aktuellen und sicherlich gestiegenen Wertverhältnisse zu berücksichtigen sein. Natürlich kann man weiterhin BVVG-Flächen erwerben - aber nur zu den Bedingungen der BVVG. Wird das Preisangebot der BVVG nicht angenommen, erhält der Erwerbsberechtigte nur einen vierjährigen Pachtvertrag, mit dem sichergestellt sein soll, dass er die von der Direkterwerbsmöglichkeit umfassten Flächen im Anschluss an die Klärung der offenen Fragen ohne Teilnahme an einer öffentlichen Ausschreibung direkt erwerben kann – aber zu dem dann gestiegenen Preis. Fair wäre es, würden Kaufpreise weiterhin als „vorläufig“ vereinbart und nach Klärung durch die EU (soweit diese überhaupt einen Klärungsbedarf sieht) dann überprüft.
Kritik
Die jetzige Regelung, so sie umgesetzt wird, soll von einigen Fachleuten als Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Bodenmarkt angesehen werden. Immerhin hat die BVVG noch immer rund 347.000 Hektar landwirtschaftliche sowie etwa 69.000 Hektar forstwirtschaftliche Flächen in den Neuen Bundesländern im Bestand. Sie ist somit der größte Bodeneingetümer als auch Verkäufer.
Es soll Überlegungen geben, gerichtlich dagegen vorzugehen und zusätzlich das Kartellamt einzuschalten.
Muß es so weit kommen? Nur dann, wenn es um Gewinnmaximierung und nicht um gerechten Bodenverkauf geht.
Im September 2012:
Gutachten stärkt derzeit die BVVG
Nach Informationen von agrarheute.com soll die Kaufpreisermittlung der BVVG sowohl in Einklang mit den Vorgaben der Europäischen Union als auch mit den in Deutschland anerkannten Bewertungsstandards stehen. Das sei das Ergebnis eines Gutachtens, das der Experte für Immobilienbewertung, Wolfgang Kleiber im Auftrag der EU-Kommission geschrieben habe. Bedenklich ist, daß Kleiber ein ehemaliger Referatsleiter im Bundesbauministerium ist - und dadurch wohl von einer staatserhaltenden Denke geprägt ist. Zur Zeit ist Kleiber Gesellschafter einer Grundstückssachverständigengesellschaft, die sicherlich finanzielle Eigeninteressen verfolgt. Es bleibt also abzuwarten, wie das Notifizierungsverfahren ausläuft. Das Gutachten rufen Sie hier auf
Häufig verzichtet der Erwerber der EALG-Flächen nachträglich, besonders bei Weiterveräußerung, auf den Subventionsvorteil. Wie die Nachzahlung auf den dann aktuellen Verkehrswert berechnet wird, ist bekannt. Über die Höhe des Verkehrswerts kann man streiten - ein Fachmann kann da Geld wert sein.
Gerne erhebt das Finanzamt Grunderwerbssteuer auf den Nachzahlungspreis, das Grundstück sei ja teurer geworden, die Nachzahlung sei Kaufpreisbestandteil. Es soll dazu ein sinngemäßes Schreiben der BVVG an ein Finanzamt geben.
Unsere Meinung:
Diese steuerliche Auffassung ist falsch, es darf keine Grunderwerbssteuer anfallen. Die Nachzahlungen können sogar steuermindernd sein.
Sprechen Sie dazu mit Arno Reis.